Ein Verein für guten Strom

Wer das Wort Verein hört, denkt an Turnen, Schützen, Skifahren oder Kirchenchor. Solarstrom kommt niemandem spontan in den Sinn. Da darf man neu denken. In Kriens am Hobacherweg 17 haben die Eigentümer nämlich einen Verein gegründet, dessen Zweck ein sonniger ist: gemeinsam eine Photovoltaikanlage finanzieren und für das ganze Haus sauberen Strom produzieren.

«Jede Form der Teilnahme oder vielmehr Mitgliedschaft in Vereinen oder Gruppen ist ein Zeichen der aktiven Mitgestaltung der Lebensumwelt und damit ein Ausdruck der sozialen Integration.» So trocken beschreibt das Bundesamt für Statistik ein «Organ», welches in der Schweiz weitverbreitet ist. Schätzungsweise 100 000 Vereine sind auf unserer Landkarte zu finden. Deren Sinn und Zweck ist so vielfältig, wie unser Land Berge hat. Alle vereint, dass man sich gemeinsam für etwas engagiert, das einem am Herzen liegt, Spass macht, verbindet.

Sauberer Strom dank eigener Photovoltaikanlage

Am Anfang jeder Idee stehen Menschen, die eine Initialzündung setzen. Am Hobacherweg 17 in Kriens ist es Jimmy Brügger. Er liebäugelt mit dem Gedanken, eigenen Solarstrom zu produzieren. Besitzt man ein Einfamilienhaus, ist das eine einfache Sache. Sind mehrere Parteien involviert, darf man einen gemeinsamen Weg finden. «Wir haben uns alle zu einem Informationsaustausch getroffen, die verschiedenen Interessen und Meinungen angehört und diskutiert. Pro Stockwerkeigentum gibt es eine Stimme. So lautet die Regelung», bringt René Burri – er ist ebenfalls Wohnungsbesitzer am Hobacherweg – es auf den Punkt. An diesem Informationsaustausch wird klar: Alle Parteien sind interessiert und wollen ihren Beitrag zu einer ökologischen Stromproduktion leisten. Der Grundsatzentscheid ist rasch gefällt. Marianne Guebey wohnt mit ihrem Ehemann im Haus und ist begeistert: «Unsere Umwelt liegt mir sehr am Herzen, sauberer Strom ist eine super Sache.» Das grosse Kunststück in einem Haus mit acht Eigentumswohnungen ist die Frage: Wie organisiert man sich, damit man die Anlage gemeinsam finanzieren kann?

 

Vereinsbeitrag für die Photovoltaikanlage: à fonds perdu

Eine Variante wäre, die Finanzierung über die Stockwerkeigentümerschaft laufen zu lassen. Doch das Engagement soll freiwillig sein. Deshalb liebäugelt man mit einer Vereinsgründung. «Wer will, tritt bei und beteiligt sich an der Finanzierung. Wer das nicht möchte, bezieht seine Energie weiterhin von den öffentlichen Anbietern.» So einfach ist das. «Natürlich haben wir das Pro und Contra und die Höhe der Beiträge rege diskutiert. Sollen sie in Quoten (also nach Wohnungsgrösse) berechnet werden oder schiessen alle den gleichen Betrag ein?», erklärt René. Man entscheidet sich für die Variante zwei. Der Verein wird gegründet und ein dreiköpfiger Vorstand gewählt. Die Vereinsmitglieder bezahlen ihren Beitrag à fonds perdu. Das bedeutet: Wer aus dem Verein austritt, bekommt sein Geld nicht zurück. Die technisch sehr versierten Eigentümer Jimmy Brügger und Beat Schumacher informieren sich über verschiedene Anbieter und holen drei Offerten ein. 25 Wochen dauert es vom Zeitpunkt der Gründungsversammlung bis zum Start der Realisation. Den Zuschlag bekommt Solektra aus Luzern.

Das Preis-/Leistungsverhältnis überzeugt. Das Gesamtpaket fühlt sich stimmig an. «Solektra ist sympathisch, positiv und sehr engagiert für den Solarstrom im Einsatz», erklärt Marianne Guebey. Zudem ist den Eigentümern aus Kriens wichtig, ein regionales KMU zu berücksichtigen. Die Schweiz sei schliesslich ein Land von KMUs und diese gelte es zu unterstützen. «Man hat für das ganze Projekt genau einen Ansprechpartner und wird nicht von Abteilung zu Abteilung weitergereicht. Diese persönliche Betreuung ist sympathisch», meint René.

«Der Bund wird fossile Brennstoffe verbieten. Ein Schritt in die richtige Richtung ist getan.»

Solarstrom – ein Leben nach der Sonnenuhr

René kümmert sich um den Papierkram. «Zirka vierzehn Formulare habe ich ausgefüllt und eingereicht. Eine stattliche Anzahl für ein einziges Projekt.» Derweil kümmert sich Solektra um die Planung und Ausführung. Alles läuft reibungslos. Die Eigentümer legen auch Hand an und ziehen die Stromleitungen vom Dach zu der Elektroverteilung. «Dass wir solche Arbeiten selbst erledigen konnten, hat natürlich finanziell Auswirkungen. Wir sparten damit einen stattlichen Frankenbetrag», ist René sich bewusst. Umso schöner, dass alles Hand in Hand und wie geschmiert läuft. Genau zwölf Wochen nach der Auftragsvergabe produziert die Anlage Strom. Die bestehenden Warmwasserboiler werden jetzt mit Solarstrom aufgeheizt. Ist nicht genug Strom vorhanden, stellt das System auf Gas um. Alles gut getaktet, alles ausgeklügelt. Die «Hobacherwegler» nehmen ihre Anlage feierlich in Betrieb. Bei einem gemeinsamen Brunch führt Heinrich Truffer von Solektra alle Bewohnerinnen und Bewohner in den Zauber der Solarenergie ein. Er schildert, wie Solarstrom den Alltag beeinflusst, worauf man achten darf. Strom verbrauchen, wenn er da ist! So lautet das oberste Gebot. «Heinrich beantwortet alle Fragen und ist auch persönlich da, wenn mal eine Herausforderung auftaucht.» Die Bewohner schätzen das. Genauso auch die Inputs bei der Inbetriebnahme. Also wäscht man die Wäsche tagsüber bei Sonnenschein, bäckt Kuchen, wenn die Sonne vom Himmel strahlt. Zeigt er sich hingegen grau und trüb, lässt man den Wäscheberg eher liegen. Marianne schmunzelt: «Solektra ist mein Sonnenstrahl in der Waschküche!» Sie ist happy mit dieser Lösung. Und zwar nicht nur, weil sie selbst schon seit vielen Jahren auf eine umweltschonende Lebensweise achtet. «Sondern, weil wir es auch künftigen Generationen schuldig sind, zu unserer Welt Sorge zu tragen.» Die Eigentümer am Hobacherweg 17 blicken hin und wieder auch nach Bundesbern. «Die Energiestrategie des Bundes sieht vor, dass fossile Brennstoffe über kurz oder lang verboten werden. Da wollten wir bereits jetzt einen Schritt in die richtige Richtung machen. Wir leisten einen Beitrag, der nicht wehtut», erklärt der Präsident des Vereines.

 

Heitere Stunden zählen: Mit nur einem Fingerzeig stehen alle Daten bereit.

Mit gutem Gewissen die Natur geniessen

Ein Schritt in die richtige Richtung, der ab und zu auch aufs Dach des Mehrfamilienhauses führt. Wie das in einem Verein so ist: Es gibt Aufgaben und Zuständigkeiten, vieles wird in Fronarbeit erledigt. So jätet Marianne zum Beispiel ungefähr zweimal jährlich gemeinsam mit zwei, drei anderen Bewohner-/innen Unkraut rund um die Sonnenkollektoren auf dem Hausdach. Bei diesem Rundblick in die Alpen ein Genuss! Beat Schumacher koordiniert diese Arbeit und kümmert sich auch um die technischen Belange. Tanja Brügger jongliert mit den Zahlen: Sie ist für die Finanzen zuständig. Das Präsidium hat René Burri inne. Er organisiert die Mitgliederversammlungen und informiert jeweils über Stromverbrauch und Stromproduktion. René weiss immer punktgenau Bescheid. Jeden Morgen, wenn er in den Zug nach Bern steigt, checkt er zuallererst die Solar-Log App WEB Enerest und verschafft sich einen Überblick. Stand heute deckt die Anlage rund 45 Prozent des Stromverbrauches. «Könnten wir den Strom speichern, wäre eine Eigenproduktion von zirka 73 Prozent gewährleistet.» Eine ganze Menge, für ein Haus mit acht Wohnungen. Für Marianne ist die Technik sekundär. Sie ist schlicht begeistert vom Gedanken, mit gutem Gewissen Strom zu produzieren und trägt die Botschaft gerne in die Welt. Kurz nach der Inbetriebnahme organisiert der Verein einen Tag der offenen Tür. Das Interesse der Nachbarn ist vorhanden, die Fragen sind vielfältig. Ob jemand aus der Umgebung zeitnah eine Anlage bauen wird, steht in den Sternen. «Aber, wir setzen uns demnächst zusammen, um die Installation einer Ladestation für Elektroautos zu besprechen», führt René Burri aus. Ein weiterer Schritt in Richtung Zukunft ohne fossile Brennstoffe. Sie denken eben vor, die Eigentümer des Hobacherwegs 17 in Kriens.

 

Hochzeit für Mundwinkel: Marianne Guebey und René Bieri freuen sich über das Gemeinschaftswerk.

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